Gewalt und Sucht verstärken sich oft gegenseitig: Eine Fachveranstaltung in Pforzheim zeigte auf, wo Hilfesysteme versagen – und welche konkreten Lösungen Frauen besser schützen können.
Wie können Frauen mit Suchterkrankungen wirksamer vor Gewalt geschützt und passgenauer unterstützt werden? Mit dieser drängenden Frage befasste sich eine Fachveranstaltung im Neuen Technischen Rathaus in Pforzheim, zu der die Gleichstellungs- und Inklusionsbeauftragten des Enzkreises und der Stadt Pforzheim eingeladen hatten. Die Veranstaltung war Teil der Reihe „Frauen mit Behinderung besser vor Gewalt schützen“ und richtete sich an Fachkräfte aus Sozialarbeit, Gesundheitswesen, Beratung und Verwaltung.
Inhaltlich begleitet wurde der Abend von Sonja Lohrengel, stellvertretende therapeutische Leitung der Kraichtal Kliniken, Suchttherapeutin und Sozialpädagogin. Sie zeichnete ein eindrückliches Bild der aktuellen Versorgungslage: Frauen mit Suchterkrankungen sind überdurchschnittlich häufig von Gewalt betroffen und finden dennoch oft keinen ausreichenden Schutz. Rund 60 bis 70 Prozent suchtkranker Frauen berichten von Gewalterfahrungen – ein Wert, der deutlich über dem Durchschnitt der weiblichen Bevölkerung liegt.
Gleichzeitig zeigte die Referentin strukturelle Schwächen im bestehenden Hilfesystem auf. Frauen mit aktiver Substanzabhängigkeit stoßen vielfach auf Ausschlüsse, etwa beim Zugang zu Frauenhäusern. Umgekehrt werden Betroffene in der Suchthilfe nur selten an spezialisierte Gewaltberatungsstellen weitervermittelt. Fehlende Schnittstellen, Unsicherheiten im Umgang mit Mehrfachbelastungen und mangelnde
Vernetzung führen dazu, dass betroffene Frauen häufig „durch das Raster fallen“.
In einer moderierten Fokusgruppe diskutierten die Teilnehmenden gemeinsam Lösungsansätze. Im Mittelpunkt standen dabei der Ausbau lokaler Netzwerke zwischen Suchthilfe und Gewaltschutz, mehr Schulungen für Fachpersonal, sichere Notfallangebote unabhängig vom Konsumstatus sowie niedrigschwellige und stigmafreie Zugänge zu Beratung und Unterstützung. Auch die stärkere öffentliche Sichtbarkeit des Themas wurde als zentraler Baustein benannt, um Hemmschwellen abzubauen und frühzeitige Hilfe zu ermöglichen.
Die Gleichstellungs- und Inklusionsbeauftragten von Stadt und Enzkreis zogen ein klares Fazit: Die hohe Beteiligung und die intensive Diskussion unterstreichen den akuten Handlungsbedarf. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen nun gezielt in weitere Projekte, Kooperationen und konzeptionelle Weiterentwicklungen einfließen.
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